Transformation der globalen Vertriebsorganisation eines Automobilzulieferers

Auf den ersten Blick hatte man alle Voraussetzungen für erfolgreiche Vertriebsarbeit geschaffen: eine neue Organisation mit klar auf Kundensegmente ausgerichteten Business Units (BUs) und entsprechenden Vertriebsrollen; eine übergreifende Vertriebssteuerung für das Kanal- und Produktmanagement und detailliert ausgearbeitete Sollprozesse im Rahmen eines Prozesshauses. Zudem waren Change Manager:innen als Ansprechpartner:innen in der Fläche etabliert und sollten die Veränderung begleiten. Der Start in die neue Organisation gelang auch weitgehend reibungslos – nur die erwartete Leistungssteigerung blieb aus, da zentrale Ziele der Reorganisation nicht erreicht wurden: mehr Austausch zu erfolgreichen Verhandlungsstrategien zwischen den Key Accounter:innen, proaktiver Angang möglicher Umsatzchancen außerhalb der BU, frühzeitige Meldung von Risiken, Weiterentwicklung des Portfolios auf attraktive, margenstarke Produkte. In Summe: Trotz aller formalen Veränderungen agierten Mitarbeitende und Führungskräfte weiter wie in der alten Organisation.

Unserer Erfahrung nach ist das kein überraschender Befund: Es kommt darauf an, bei Transformationen sehr klar zu vermitteln, was die neue Organisation in Zukunft leisten soll und was von den Individuen erwartet wird. Ohne diese Klarheit sind allein strukturelle und systemische Veränderungen eben weitgehend wirkungslos.

Im Dialog mit dem verantwortlichen CEO haben wir genau diese Klarheit geschaffen und in einem einfachen, nachvollziehbaren und insbesondere attraktiven Target Operating Model (TOM) kodifiziert. Kernelemente sind:

  • Übergreifende Ziele der zukünftigen Ausrichtung
  • Grundlogik der neuen Vertriebssteuerung
  • Kernhebel zur Performance Steigerung
  • Wichtigste (high-level) Prozesse der Zusammenarbeit
  • Zentrale Verantwortlichkeiten und Gremien
  • Illustration anhand von Use Cases mit konkreten Anwendungsfeldern

Entscheidend war, dieses Zielmodell in einem agilen Vorgehen schrittweise aus der Arbeit an konkreten Vertriebsinitiativen zu entwickeln (anstatt wieder viel Zeit mit konzeptioneller Detaillierung zu verbringen). So sicherten wir gemeinsam schnelle Wirkung und gleichzeitig eine praxisnahe Entwicklung, in der die unterschiedlichen BUs und Vertriebsrollen abgebildet sind. Eckpunkte des agilen Entwicklungsansatzes waren

  • die gemeinsame Entwicklung der wichtigsten Leitplanken des TOM in einem cross-BU und cross-funktionalen Team über mehrere Führungsebenen,
  • iterative-inkrementelle Konkretisierung des Models exemplarisch an einer BU mit schrittweiser Ausweitung des Funktionsumfangs und
  • eng getaktete Sprint Logik zur Entwicklung konkreter Ergebnisse in „Hackathons“ (wöchentliche Tagesworkshops) und regelmäßigen Reviews mit Entscheider:innen.

Somit lag schnell eine praktikable und praxiserprobte Version des TOM vor. In der nachfolgenden Umsetzung haben wir auf eine gute Balance von top-down und bottom-up Elementen geachtet, um ausreichend Orientierung zu schaffen, aber auch die erforderlichen Freiheitsgrade für Eigeninitiative der Vertriebsmitarbeitenden zu schaffen:

  • Überzeugende Präsentation der TOM-Eckpunkte durch glaubwürdige Führungskräfte auf einer zentralen Veranstaltung (Reason-Why, Vorteilsübersetzung und Use Cases für alle Rollen);
  • Setzung minimaler einheitlicher Handlungsvorgaben und Standards für einige wenige Kernprozesse, jenseits davon klare, dezentrale Freiheitsgrade;
  • begleitend Etablierung eines entsprechenden Umsetzungsprozesses mit der Verzahnung von Review Meetings auf Vorstands-Ebene mit expliziter Verantwortungsdelegation auf die operative Ebene (z. B. volle Transparenz über Preisgrenzen mit erhöhten Freiheitsgraden für KAMs).

Nachhaltige Verankerung der Transformation benötigt Verständnis, tatsächliche Veränderungen und klare Konsequenz auf zwei Ebenen:

  • Absicherung der Verhaltensänderung durch „Role modeling“ der Führungskräfte – wenn diese überzeugend handeln, klar im Rahmen des neuen Operating Model arbeiten und im Zweifel auch personelle Konsequenzen gezogen werden, folgt die Organisation. Weitere Elemente zur Stärkung der Verhaltensänderung sind Trainings und Peer Coachings zur Beseitigung möglicher fachlicher Hürden der Vertriebsmannschaft.
  • Bereitstellung angepasster Systeme und Rahmenbedingungen – notwendige Werkzeuge müssen nutzerfreundlich und leicht verfügbar sein, sodass sie Akzeptanz finden. An zentralen Stellen müssen sie jedoch auch schlicht unumgänglich sein. Nur durch konsequente Nutzung kann sich der übergreifende und individuell positive Effekt einstellen. Oft heißt das, Sonderprozesse hart abzuschalten. Dies trifft auch auf die neu geschaffenen Formate der Zusammenarbeit und Routinen zu, die gleichermaßen klare Konsequenz in der Umsetzung und Einhaltung erfordern.

Durch die gemeinsame Erarbeitung eines klaren Zielbilds, die optimale Balance von Push & Pull in der Umsetzung und die parallele Adressierung systemischer und verhaltensseitiger Hebel gelang nun eine signifikante Performancesteigerung im Vertrieb – so konnte der budgetierte Umsatz um mehr als 20 % übertroffen und gleichzeitig die Marge durch die klare Ausrichtung auf profitablere Produkte und attraktive Kundensegmente erhöht werden. Und das mit einer schlanken, auf die entscheidenden Phasen fokussierten Beratungsunterstützung, in der funktionale Vertriebs- und Change-Kompetenz mit umsetzungsorientierter Hands-on-Befähigung der Organisation verzahnt war.

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Dr. Axel Sauder
Dr. Axel Sauder
Partner

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