
Interview mit Arnd Fittkau – Chief Rental Officer Vonovia SE
Im Rahmen der Post Merger Integration zwischen Deutsche Wohnen und Vonovia begleitete undconsorten das Change-Management im Kerngeschäft von Vonovia – der Rental Organisation.
Mit zeitlichem Abstand haben wir im Herbst 2024 gemeinsam mit Arnd Fittkau (Chief Rental Officer, Vonovia SE) noch einmal auf die Integration zurückgeblickt:
“Ich finde, gerade diese Tandembildung auf Augenhöhe war genau die richtige Entscheidung und ein wesentlicher Erfolgsfaktor.”
Arnd Fittkau
CRO

Herr Fittkau, war die Integration der Deutsche Wohnen rückblickend ein Erfolg?
Die Integration war von Anfang an sehr professionell aufgesetzt und wurde von einer erfahrenen Mannschaft mit einem reichhaltigen Erfahrungsschatz begleitet. Das hat entscheidend dazu beigetragen, dass der Prozess reibungslos und ohne größere Einschränkungen für unsere Mieter:innen ablaufen konnte. Es hat nicht nur operativ, sondern auch im Interesse aller Beteiligten und Kunden sehr gut funktioniert.
Was waren die größten Herausforderungen im Prozess?
Mit Vonovia und Deutsche Wohnen handelt es sich um zwei starke, jeweils erfolgreiche Konzerne mit entsprechender Unternehmenskultur, Prozessen und Rollen.
In ihrer jeweils bedeutenden Historie hatten sich in beiden Unternehmen Werte, Normen und Glaubenssätze ausgeprägt, die das Denken und Verhalten im Unternehmen prägten.
Natürlich ist das mit gewissen emotionalen Schmerzen verbunden für das Unternehmen, das dann auf eine sogenannte neue Plattform gehen soll und muss, obwohl man vorher von den eigenen Prozessen und Systemen überzeugt war. Entscheidend ist dann, sich guten Argumenten nicht zu verwehren und die Menschen über Diskussion und gegenseitiges Zuhören mitzunehmen.
Die Unterschiede, aber insbesondere auch die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und klarzumachen, was auf die Mitarbeitenden zukommt, war eine wichtige und sehr intensive Aufgabe.
Wie sind Sie mit den Herausforderungen umgegangen?
Jegliche Basis bietet natürlich die „technische“ Integration (d.h. Aufbau von Schnittstellen, Anpassung der Prozesse etc.). Das Thema „Change Management“, also das „Mitnehmen“ der Mitarbeitenden in die „neue Welt“ haben wir als separaten Workstream aufgesetzt, bei dem uns undconsorten begleitet hat. Gemeinsam haben wir eine strukturierte Change-Architektur (s. unten) aufgesetzt, um „neue“ und „alte“ Mitarbeitende entsprechend mitzunehmen.
Wir haben als Vonovia zum Beispiel gemerkt, dass man gewisse Themen auch anders machen kann mit schlankeren Prozessen, und da hat uns insbesondere die Deutschen Wohnen mit einem neuen Blick sehr geholfen, ganz klar. Die guten Inhalte der Deutschen Wohnen, die setzen sich sukzessive auch durch. Das gelang aber nur, weil wir über einen strukturierten Prozess in den ersten Wochen und Monaten eine gewisse Normalität im Arbeiten herstellen konnten, ohne diese Themen fallenzulassen. Via Potenzialworkshop und Backlog konnten wir solche Verbesserungsideen sammeln und dann zur richtigen Zeit nach dem Go live wieder auf die Tagesordnung nehmen.
Wie wichtig war für Sie und den Integrationsverfolg das Change Management Office, das wir Consorten quasi für sie gebildet haben?
Das war sicherlich ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Natürlich ist für Menschen aus dem Tagesgeschäft Change immer erst einmal eine quantitative Mehrbelastung oder eine Investition die man erst mal grundlegend verstehen muss. Insbesondere die Tandems und die Projektteams haben uns immer wieder diszipliniert, dieses Thema extrem ernst zu nehmen. Wenn wir gerne mal im Tagesgeschäft Themen abgehakt hätten, haben wir dann sehr schnell durch unsere Berater eine Gelbe Karte bekommen mit dem Hinweis: da müssen wir tiefer reingehen, da liegt noch was rum, das für den Change auch wichtig zu sein scheint. Daher muss man schon sagen, ohne eine professionelle Begleitung, auch den effektiven Feedbackinstrumenten Changebarometer und Puls Check, wäre die Integration so sicherlich nicht gelungen.
Welche Maßnahme ist Ihnen nachhaltig in Erinnerung geblieben und würden Sie als wichtigen Erfolg bezeichnen?
Eine fundierte Analyse und Problembeschreibung sind aus meiner Sicht unerlässlich. Zu Beginn des Projektes hat undconsorten Interviews mit verschiedenen Mitarbeitern und Führungskräften von Deutsche Wohnen und Vonovia durchgeführt, um die relevanten Punkte (z. B. mit Blick auf Unternehmenskultur) zu ermitteln. Die anschließende, schonungslose Zusammenfassung hat mir dabei geholfen, die Prioritäten richtig zu setzen.
Besonders in Erinnerung geblieben sind mir aber auch die „Trainer-Tandems“. Um die neuen Rollen und Prozesse zu schulen, haben wir Tandems aus operativen Vonovia und Deutsche Wohnen Führungskräften aufgesetzt, die im Anschluss zusammen geschult haben. In der intensiven Vorbereitungszeit für die Trainer:innen sind enge Verbindungen entstanden und das bessere Verständnis füreinander hat auch über die Trainings hinaus Wirkung gezeigt. Hier bin ich immer noch sehr stolz auf unsere Trainerinnen und Trainer, die hier quasi „nebenbei“ eine sehr wichtige Aufgabe erfüllt haben.
Nach unserer Einschätzung haben wir grundsätzlich eine gute Mischung aus „strategischen“ Maßnahmen auf Managementebene, aber auch „anfassbaren“ Maßnahmen (z.B. Rollenvideos, Podcasts) gefunden, die eine breite Anzahl an Mitarbeitenden abgeholt hat.
“Durch die mediale Begleitung haben wir, glaube ich, Barrieren ein bisschen abgebaut, ein bisschen Normalität in lebhafte, zum Teil auch witzige und menschliche Bilder bringen können. Das war sicherlich extrem hilfreich.”
Arnd Fittkau
CRO
Wie ist es gelungen, den neuen Standort Berlin Lichtenberg akzeptabel zu machen?
Der Standort in Berlin-Lichtenberg ist mittlerweile ein zentraler Baustein unseres Kundenservice-Netzwerks – ergänzend zu den weiteren Kundenservice Standorten in Essen und Dresden. Es war schon damals richtig, sich für Berlin zu entscheiden. Um die Akzeptanz von Beginn an zu fördern, haben wir die Mitarbeitenden frühzeitig in den Prozess eingebunden: Sie konnten ihr neues, modernes und zeitgemäßes Büro aktiv mitgestalten. So haben wir typische Standortdiskussionen konstruktiv begleitet und den Einzug positiv gestaltet.
Welche Bedeutung hatte der “Yammer-Kanal” (ehemaliger Name von Microsoft Viva Engage)” und insgesamt die Begleitung mit sozialen Medien?
Über den Namen „Yammer-Kanal“ musste ich anfangs schmunzeln – die Analogie zum Jammern war einfach da. Doch das Format selbst war im Nachhinein genau richtig.
Wir waren damals ja immer noch in der Pandemie, wir konnten keine großen Räume buchen. Aber wir mussten ja irgendwie in die Köpfe der Menschen: Sagt uns bitte, was euch wichtig ist und was nervt!
Das war ein super Format, um Themen sichtbar zu machen, die wir sonst so schnell nicht gesehen hätten. Das “Yammer-Wikipedia”, wo man die Themen wunderbar auch inhaltlich sortieren konnte und dann über die Tandems und die Projektorganisation seriös und sinnvoll bearbeiten konnte. So konnten wir nach und nach dazulernen und auch tiefere Vorbehalte bearbeiten.
Waren die begleitenden Videos hilfreich, die wir eigens produziert haben?
Ich kann mich erinnern an dieses eine Video: Bei der Vonovia hieß der Hausmeister “Objektbetreuer” bei der Deutsche Wohnen hieß er “Hausmeister”. Und dann treffen sich die beiden und wirken in dem Video menschlich nett miteinander! “Du hast zwar jetzt noch eine andere Trikotfarbe, aber eigentlich machen wir sehr ähnliche Sachen. Du bist so ein guter Typ, lass uns das doch mal gemeinsam probieren.” Das hat natürlich eine ganz andere Wirkung als ein Brief vom Vorstand oder Bereichsleiter mit Vorgaben, was jetzt zu tun wäre.
Gibt es etwas, das Sie anders machen würden, wenn Sie auf den Integrationsprozess zurückblicken. Oder woran machen Sie fest, dass Sie Ihre Ziele erreicht haben?
Ich merke zunehmend, es fällt mir gar nicht mehr auf, dass die Leute von “ihr” und “wir” sprechen. Ich denke daher schon nach anderthalb oder zwei Jahren, es ist da eine gewisse vernünftige Normalität hineingekommen. Und nicht zuletzt muss ich noch mal betonen: wir haben tolle Deutsche Wohnen-Führungskräfte!
Dass Lars Urbansky als CEO der Deutschen Wohnen mittlerweile 2 große Geschäftsbereiche leitet und weiterentwickelt, nämlich sowohl den ehemaligen Geschäftsbereich Ost der Vonovia als auch den Geschäftsbereich Deutsche Wohnen, das ist ja Bestätigung genug. Wir haben auch in Ostdeutschland durch das Zusammenführen gezeigt, dass wir es richtig gemacht haben.
Was möchten Sie anderen Unternehmen oder Teams mit auf den Weg geben, die sich in einer ähnlichen Situation befinden oder vor einer ähnlichen Herausforderung stehen?
Der Satz „die beste Change Maßnahme ist die, die man nicht als solche identifiziert“ ist sicherlich sehr wahr. Ich würde dringend dazu raten, das Ganze Thema „Change“ sehr eng mit dem Geschäft verknüpft zu sehen. „Change“ muss im alltäglichen Leben der Mitarbeitenden stattfinden und darf nicht als Fremdkörper gesehen werden. Zudem darf man nicht vergessen, dass insbesondere bei einer Integration die Arbeit nicht mit dem Go live erledigt ist, sondern im Gegenteil genau dann erst richtig anfängt.
Lieber Herr Fittkau, vielen Dank für das Gespräch!
“Es ist uns in vielen Fällen gut gelungen, die Verantwortlichen auf einer einfühlsamen menschlichen, aber auch fachlichen Ebene zusammenzubringen und dafür zu sorgen, dass sie ab sofort auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten.”
Arnd Fittkau
CRO