Die zweite Welle der Integration

Change Management in Post-Merger-Integrationen

Wenn der Deal unterschrieben, die Pressemitteilung verschickt und die IT-Migration geplant ist, scheint vieles geschafft. Doch für viele Mitarbeitende beginnt die eigentliche Veränderung erst jetzt – und die bringt ein ganz eigenes Wechselbad der Gefühle mit sich. Zwischen «Endlich geht es voran» und «Was passiert mit uns?» schwanken in Post-Merger-Situationen häufig Hoffnung und Enttäuschung, Neugier und Verunsicherung. Welche Rolle ein sorgfältiges Change Management für ein Gelingen der Post-Merger-Integration spielen kann, zeigt dieser Beitrag.

Während Systeme zusammengeführt, Marken überarbeitet und Organigramme angepasst werden, gerät leicht aus dem Blick, was Integration eigentlich bedeutet: Menschen zusammenzubringen. Denn ohne kulturelle Sensibilität, ohne organisatorische Nachbereitung bleibt Integration oberflächlich – und riskiert langfristige Reibungsverluste oder sogar tiefer gehende Schäden für das neue Gesamtunternehmen. In diesem Artikel wollen wir deshalb den Blick auf die zweite Welle der Integration richten: der Rolle von Change Management und Organisationsentwicklung in Post-Merger-Prozessen. Wir zeigen, warum der Umgang mit Emotionen, Identitäten und Strukturen ebenso entscheidend ist wie die „harte“ Integration – und wie dies in der Praxis gelingen kann. Dazu geben wir – nach einer kurzen Herleitung – einen konkreten Einblick in ein aktuelles PMI-Projekt und teilen unsere Learnings aus der Umsetzung. 

PMI ist nicht gleich PMI

Nicht jede Post Merger Integration folgt dem gleichen Drehbuch – und auch nicht jede Fusion ist gleich. Ob es sich um einen Merger of Equals, eine klassische Übernahme oder einen Capability Deal handelt, hat erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung des Integrationsprozesses. Je nach Deal-Typ variieren Zielsetzung, Integrationstiefe und emotionale Fallhöhe deutlich: Während beim Merger of Equals meist ein Balanceakt zwischen Identitäten gefragt ist, bringen Übernahmen häufig Machtasymmetrien und damit verbundene Irritationen mit sich – nicht selten gepaart mit einem Gefühl des „Verlierens“ auf Seiten des übernommenen Unternehmens. Daraus ergeben sich zentrale Fragen für das Change- und Integrationsmanagement: Welches Operating Model – also welche Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten – soll zukünftig gelten? Wie können auch bei einer klaren Übernahme und Integration auf das System des übernehmenden Unternehmens trotz des Zeitdrucks neue Best Practices identifiziert und übernommen werden? Wie werden die Teams zusammengesetzt – integriert, neu formiert oder strikt entlang alter Linien getrennt? Welche Lern- und Qualifizierungsbedarfe entstehen durch die neuen Strukturen? Wie gehen wir mit Überkapazitäten oder räumlichen Bedarfsverschiebungen um? Und nicht zuletzt: Wann und wie kann überhaupt offen kommuniziert werden – im Spannungsfeld zwischen Managementvorgaben, Betriebsrat und tatsächlicher Veränderungsbereitschaft? Um die Komplexität greifbarer zu machen, haben wir typische Fusionstypen mit ihren Auswirkungen auf zentrale Handlungsfelder– vom Leitbild über die Organisation bis zur Kommunikation – gegenübergestellt. Die Tabelle dient als erste Orientierung für Change-Verantwortliche und zeigt, wie unterschiedlich die Herausforderungen – und damit auch die Herangehensweisen – sein können. Auswirkungen / Aspekte Merger of Equals Übernahme (Akquisition) Capability Deal Leitbild & Vision Gemeinsame Vision, Co-Creation, Balance der Identitäten Leitbild des Käufers dominiert, Integration der Ziele des Targets Fokus auf Know-how-Transfer, Erhalt von Spezialwissen Operating Model & Organisation Gleichberechtigte Integration, oft neue Strukturen „best of both worlds“ Übernahme des Operating Models des Käufers, schnelle Harmonisierung Teilintegration, Schutz der Kernkompetenzen des Targets Kultur & Change Management Fokus auf Gleichberechtigung, Abbau von Silos, Teambuilding Gefahr von Identitätsverlust beim Target, gezielte Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung Schutz der Kultur des kleineren Partners, Mitarbeiterbindung kritisch Kommunikation & Integrationsteam Transparente, partizipative Kommunikation, gemischte Teams Klare Top-Down-Kommunikation, Change Agents beim Target Sensible Kommunikation, zielgerichtete Integrationsteams Das folgende Praxisbeispiel, das unter der freundlichen Mitwirkung von Arnd Fittkau (Chief Rental Officer, Vonovia SE) erstellt wurde, beleuchtet eine besondere Konstellation: Rein formal handelte es sich natürlich um eine Übernahme – inklusive der Einführung von Systemen und Prozessen. Gleichzeitig stand die Integration unter dem Motto „Zusammen.Wachsen“ und führte zwei DAX-40-Unternehmen mit jeweils starker Identität zusammen. Vor diesem Hintergrund war es erklärtes Ziel, auch Bewährtes der Deutsche Wohnen zu erhalten. Genau in diesem Spannungsfeld – zwischen strategischer Angleichung und kultureller Wertschätzung – lagen zentrale Herausforderungen für das Change Management. Und ebenso wertvolle Lernmomente.

Praxisbeispiel: 

„Zusammen wachsen“ - Integration der Deutsche Wohnen in die Vonovia 

Das Praxisbeispiel, das unter der freundlichen Mitwirkung von Arnd Fittkau (Chief Rental Officer, Vonovia SE) erstellt wurde, beleuchtet eine besondere Konstellation: Rein formal handelte es sich natürlich um eine Übernahme – inklusive der Einführung von Systemen und Prozessen. Gleichzeitig stand die Integration unter dem Motto «Zusammen.Wachsen» und führte zwei DAX-40-Unternehmen mit jeweils starker Identität zusammen. Vor diesem Hintergrund war es erklärtes Ziel, auch Bewährtes der Deutsche Wohnen zu erhalten. Genau in diesem Spannungsfeld – zwischen strategischer Angleichung und kultureller Wertschätzung – lagen zentrale Herausforderungen für das Change Management. Und ebenso wertvolle Lernmomente.

Die Ausgangslage

Ende 2021 übernahm Vonovia die Mehrheit der Anteile der Deutsche Wohnen. Für die deutsche Immobilienlandschaft war schnell klar: Hier kommen zwei starke und traditionsreiche Unternehmen zusammen. Die Herausforderung, Unternehmen dieser Größenordnung mit unterschiedlichen Unternehmenskulturen und Arbeitsweisen zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen, war jedoch selbst für die integrationserfahrende Vonovia keine alltägliche Aufgabe. Die ambitionierte Zeitleiste für die Prozessintegration, die Schaffung neuer Standorte und Geschäftsbereiche, sowie das einen möglichst reibungslosen Übergang für alle Kund:innen zu gewährleisten, erforderten eine sorgfältig geplante Herangehensweise. Deshalb wurde ein umfassendes Integrationsprojekt ins Leben gerufen, mit dem Ziel, bis zum 01.01.2023 in den gemeinsamen Strukturen und Prozessen von Vonovia zu arbeiten. Im Rahmen dieses Integrationsprojekts begleitete undconsorten die Change Management-Aktivitäten des Kerngeschäfts von Vonovia – der Rental Organisation.

 
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Dr. Jens Müller-Oerlinghausen
Dr. Jens Müller-Oerlinghausen
Partner

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