So wird Ihr Talent-Management fit für die Zukunft
In einer Zeit, in der Fachkräfte händeringend gesucht werden, kommt dem Talent-Management eine entscheidende Bedeutung zu. In diesem Artikel beleuchten wir die Herausforderungen, vor denen Personaler:innen heute stehen. Außerdem erklären wir, was es beim Talent-Management zu beachten gilt, um als Unternehmen für die Anforderungen der Zukunft gerüstet zu sein. Dabei gehen wir insbesondere auf die Rolle von Big Data und Künstlicher Intelligenz (KI) ein.
Einfach erklärt: Was ist Talent-Management?
Talent-Management bezeichnet personalpolitische sowie strategische Maßnahmen zur langfristigen Talentförderung in Unternehmen und öffentlichen Institutionen. Dabei liegt der Fokus auf der Besetzung kritischer Stellen für Fach- und Führungskräfte. Die Prozesse im Talent-Management basieren auf dem Dreiklang „finden, fördern, binden“ – entlang des Talent-Lifecycles.
Herausforderungen beim Einsatz von Talent-Management
In den letzten Jahren haben viele Unternehmen in Talent-Management-Prozesse, -Instrumente und -Abteilungen investiert. Allerdings sind die meisten mit der Rendite dieser Investitionen unzufrieden, wofür einige typische Herausforderungen ursächlich sind. Viel Aufwand wird in die Identifikation von Talenten investiert. Daraus resultiert aber erst einmal nur Transparenz und im besten Fall ein Signal der Wertschätzung. Spezifische Entwicklungsprogramme werden von Talenten geschätzt, entfalten ihr volles Potenzial allerdings erst beim Wechsel in neue Rollen bzw. bei der Übernahme von neuen Aufgaben. Hier verhindert aber meist das Talent-Hiding, also das Zurückhalten und Verstecken von Talenten durch deren direkte Führungskräfte, die optimale Besetzung kritischer Stellen aus Gesamtunternehmenssicht. Problematisch sind häufig auch die fehlende Mobilität von Talenten, ungeklärte Übergangsregelungen oder eine unzureichende Vernetzung mit anderen HR-Systemen oder -Prozessen wie dem Kompetenzmanagement oder Recruiting. Sie erschweren die Versetzung oder Überführung der Personen in die nächste Rolle. Gerade wenn die Leistungsträger:innen von morgen es in den Talentpool geschafft haben, dann aber attraktive Anschlussmöglichkeiten und Perspektiven fehlen, erzeugt man eher Frustration und Demotivation. Allerdings lässt der Fachkräftemangel Unternehmen keine Wahl. Sie müssen sich diesen Herausforderungen stellen. Wer auch in Zukunft erfolgreich sein will, muss jetzt handeln. Dazu gehört, veraltete Talent-Management-Strukturen aufzubrechen und Maßnahmen zu ergreifen, die Talente langfristig an das eigene Unternehmen binden.
Die Zukunft des Talent-Managements
Beim Talent-Management sollte es in Zukunft weniger um starre Identifikationsprozesse und Bewertungskriterien gehen, durch die eine kleine Gruppe an Mitarbeitenden Zugang zu sehr spezifischen Programmen und Angeboten erhält. Vielmehr stehen die Talente im Mittelpunkt aller Prozesse und Angebote. Das Talentverständnis wird breiter und dynamischer. Nicht zuletzt auch, weil sich zukünftige Bedarfe nur bedingt langfristig planen lassen. Der Fokus von Unternehmen verlagert sich zunehmend von einer Positions- zu einer Individuumsorientierung. Talentzentrierung bedeutet auch, dass die Mitarbeitenden am Steuer sitzen – HR und Vorgesetzte werden zu Co-Pilot:innen. Es geht also darum, den Talenten eine Orientierung zu bieten, was ihre möglichen nächsten Schritte im Unternehmen sein könnten. Dies kombiniert den Blick auf individuelle Stärken und Interessen mit Bedarfen auf Unternehmensseite. Um die Chance für den nächsten Entwicklungsschritt zu erhöhen, müssen die Talente im Unternehmen über Funktions- oder Abteilungsgrenzen hinweg noch sichtbarer werden und sich intern vernetzen und austauschen. Dafür haben sich attraktive Networking-Events bewährt, bei denen Führungskräfte z. B. strategische Herausforderungen ihrer Bereiche erläutern oder Zukunftsprojekte vorstellen. Ergänzende Unterstützung bei individueller Weiterentwicklung hilft, positive Erfahrungen zu schaffen.
Wie Big Data und KI das Talent-Management verändern
Technologie ist entscheidend, um ein stärker individualisiertes Talent Management effizient zu ermöglichen. Datenbasierte Identifikation von Talenten können aufwendige Nominierungs- und Bewerbungsprozesse ersetzen. Lernbereitschaft oder Interesse an Veränderung lassen sich über die Aktivitäten auf Lern- und Jobportalen automatisch erkennen. Zudem können zahlreiche digitale Instrumente die Selbstreflexion unterstützen – und in Empfehlungen sowohl zu Entwicklungs- als auch Jobangeboten münden. Vernetzung und Kontaktpflege ist niedrigschwellig möglich. Und KI kann zukünftig vermutlich sogar Führungskräften Talente vorschlagen, die bestehende Teams verstärken können. Talentzentriertes und datengesteuertes Handeln verändert auch die Rolle der Talent-Management-Abteilung. Sie muss sich weniger um administrative Aufgaben kümmern und kann die gewonnene Zeit nutzen, um verstärkt eine Coaching- und Beratungsrolle für die Talente und Führungskräfte einzunehmen.
Erfolgsfaktoren heute und in Zukunft
Neben dem Einsatz von Technologie sollten jedoch auch bewährte Erfolgsfaktoren in die strategische Konzeption des eigenen Talent-Managements einfließen:
- Geschäftsstrategie und Bereichs-/Segmentaktivitäten als Rahmen: Um Wirkung zu erzielen, dienen die Geschäftsstrategie und die spezifischen Bereichs-/Segmentaktivitäten als Rahmen für alle HR-Aktivitäten. Sie definieren das Hauptziel, um den Erfolg zu bewerten und bieten Orientierung für die Talent-Management-Strategie.
- Die Talente in den Mittelpunkt stellen: Erfolgreiches Talent-Management basiert auf einer ganzen Reihe von Methoden und Prozessen. Der zentrale Erfolgsfaktor liegt jedoch darin, das Talent ins Zentrum aller Maßnahmen zu stellen. Dazu gehört, die Leistungsträger:innen z. B. über Fokusgruppen direkt in den Aufbauprozess von Talent-Management-Systemen einzubinden. Auf diese Weise werden Schwerpunkte richtig gesetzt und die Angebote passend zu den Erwartungen der Talente implementiert – und gleichzeitig deren Eigenverantwortung gestärkt.
- Verknüpfung mit anderen (HR-)Bereichen: Um den Erfolg des Talent-Managements und dessen Akzeptanz unter den Mitarbeitenden sicherzustellen, hilft es, an Bekanntes anzuschließen und auf bestehenden Angeboten und Systemen aufzubauen. Wie lassen sich zum Beispiel bestehende Systeme nutzen, um Talente in neue Rollen zu entwickeln? Wie kann der Talentpool mit einem internen Stellenmarkt verknüpft werden? Und welche bestehenden Benefits können explizit den Talenten angeboten werden (z. B. Buchungspriorität für gefragte Schulungen, Teilnahme an Konferenzen)? Nur wenn Talent-Management als Teil des restlichen Angebots gesehen wird, kann es nachhaltig und langfristig zum Aufbau und Erhalt von Leistungsträger:innen dienen.
- Talentförderung beginnt im Kopf: Damit Phänomene wie das Talent-Hiding dem Erfolg von Talent-Management nicht im Wege stehen, gilt es zunächst, Geschäftsführung, Führungskräfte und relevante Multiplikator:innen vom Mehrwert und den Vorteilen strategischer Talentförderung aus Gesamtunternehmenssicht zu überzeugen. Dafür ist es nötig, verantwortliche Fach- und Führungskräfte zeitnah und umfassend über geplante Maßnahmen zu informieren und sie von Anfang an in den Identifikations- und Förderungsprozess einzubeziehen. Außerdem sollte schnell und breit über positive Beispiele im Unternehmen kommuniziert werden. Im Idealfall auch direkt von den involvierten Personen selbst.
Praxisbeispiel: der Aufbau von Talentpools
Eine deutsche Versicherung bat uns, sie als Sparringspartner:innen beim Neuaufsatz ihres bisherigen Talent-Managements zu unterstützen.
- Schritt: Analyse der Ist-Situation und Definition des Zielzustands. In einer Kombination aus Interviews mit betroffenen Stakeholder:innengruppen (Talenten, Fachbereichen, Führungskräften) und Vergleichswerten von Mitarbeitenden anderer Unternehmen wurden sowohl der Ist-Zustand des aktuellen als auch die Vision des zukünftigen Talent-Managements erarbeitet. Auf Basis der gewonnenen Ergebnisse legten wir gemeinsam mit unserem Klienten die Ziele für das Talent-Management fest. Außerdem erarbeiteten wir eine auf die Bedürfnisse der Versicherung angepasste Talentdefinition und leiteten übergeordnete Talentprinzipien und das grundlegende Talent-Management-Konzept ab (s. Abb. 2). Im Fokus des Konzepts steht die aktive und erfolgreiche Besetzung offener Stellen mit möglichst breitem Zugang für Talente. Die Aufnahme von zeitlich begrenzten Projektstellen soll wahrgenommene Silos abbauen und Wechselrisiken reduzieren. Hybride Arbeitsmodelle haben hier die geografischen Hürden zwischen Fläche und Zentrale reduziert.
- Schritt: Verprobung mit relevanten Stakeholdern. Um zu überprüfen, ob das ausgearbeitete Konzept den unterschiedlichen Anforderungen und Vorstellungen der relevanten Stakeholder:innengruppen gerecht wird, erprobten wir es im nächsten Schritt mit Talenten, Geschäftsführung und Fachbereichen. Auf der Basis dieses Inputs schärften wir das Talent-Management-Konzept weiter .
- Schritt: Planung und ko-kreative Umsetzung eines Piloten. Vor dem eigentlichen Rollout des neuen Talent-Managements pilotierten wir das Vorhaben in Form eines Projektpools. Unser Ziel: Mit daraus gewonnenen Erkenntnissen das Konzept vor dem „Go Live“ weiter zu optimieren. Die Entwicklung des Piloten basierte auf einer engen Ko-Kreation zwischen einem konkreten Bereich, der relevantes Praxiswissen zulieferte, den internen Talent-Management-Expert:innen und den Talenten selbst. Indem wir Letztere direkt und aktiv in den Gestaltungsprozess einbanden, konnten wir deren Anforderungen und Bedarfe im Rahmen der Pilotierung bestmöglich aufgreifen und berücksichtigen. Im Ergebnis wurde ein standardisiertes System entwickelt, das es Mitarbeitenden ermöglicht, sich z. B. durch Projektsteckbriefe transparent und niedrigschwellig über offene interne Stellen zu informieren und auf diese zu bewerben. Erfolgskritisch war hier nicht zuletzt, dass der Talent-Management-Pilot auf bereits existierenden Prozessen und Systemen wie dem Intranet oder dem internen Stellenmarkt aufbaute.
- Schritt: Planung und Aufsatz begleitender Kommunikation. Um sicherzustellen, dass jede Führungskraft und jede:r Mitarbeitende die Prinzipien und Hintergründe des neuen Talent-Managements versteht, ist eine enge kommunikative Begleitung der Pilotierungs- und später der Einführungsphase unerlässlich. So werden beispielsweise Leitfäden und Checklisten entwickelt und Führungskräften und Projektleitenden zugänglich gemacht, um ihnen ihre jeweilige Rolle im neuen Talent-Management-Prozess zu verdeutlichen. Hinweise zur Übergabe aktueller Aufgaben an temporäre Vertreter:innen oder zum Einarbeiten von Talenten in Projekte verbessern nicht nur deren Lernerfahrung und Produktivität. Sie haben auch positive Abstrahleffekte in die Gesamtorganisation.
- Schritt: Gesamthafter Rollout des angepassten Talent-Management-Konzepts. In einem agilen Ansatz wurde das Konzept mithilfe der Pilotergebnisse geschärft. So konkretisierten sich z. B. die Anforderungen an geeignete Projektrollen und -kontexte, aber auch ganz operative Herausforderungen bei IT-Ausstattung oder Umgang mit Dienstreisen. Im Anschluss erfolgt der Rollout in die gesamte Organisation. Für eine erfolgreiche Verstetigung des neuen Talent-Management-Konzepts gilt es, über klar definierte Rollen und Prozesse die Pflege und Steuerung des Talent-Management sicherzustellen. Außerdem schärfen wir gemeinsam mit der Versicherung kontinuierlich die Schnittstellen zu Kommunikation oder anderen HR-Themen. Auf Basis von Auswertungen mit Monitoringtools können wir zudem laufend Anpassungen am Konzept vornehmen.
Entwickeln auch Sie Ihr Talent Management weiter
Wir hoffen, unser Artikel zum Talent Management der Zukunft konnte Ihnen interessante Impulse für Ihre Arbeit geben. Gerne unterstützen wir auch Sie und Ihr Unternehmen dabei, Ihre aktuellen Talent-Management-Prozesse auf den Prüfstand zu stellen, erfolgreich weiterzuentwickeln und zukunftsfähig zu machen. Nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf. Wir freuen uns, gemeinsam mit Ihnen eine Lösung für Ihre speziellen Herausforderungen zu entwickeln.